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Grün-Weiß Piesteritz: Die Bankrott-Erklärung

News Team, 23.06.2015

Grün-Weiß Piesteritz: Die Bankrott-Erklärung

Die Bankrott-Erklärung

FUSSBALL Finanziell angeschlagener FC hisst sportlich die weiße Flagge.

VON MICHAEL HÜBNER

PIESTERITZ/MZ- Heiner List ist nicht nur in der Politik für seine Statements gefürchtet. Jetzt lehnt er sich wirklich weit aus dem Fenster: "Piesteritz ist pleite!" Der Mann, der den Autor als "feigen Hund" beschimpft, verliert plötzlich selbst den Mut und bietet nach seiner Auffassung eine bessere Formulierung an: Der FC Grün-Weiß Piesteritz "ist finanziell am Ende".

List fordert externe Prüfung

Der Fußballfan darf so etwas sagen, schließlich ist er, seitdem er auf einer Mitgliederversammlung eine externe Prüfung der Finanzen beantragt hat, sowieso so etwas wie der Buhmann im Volkspark. "Die Ergebnisse der Prüfung kenne ich nicht", sagt List, der nicht verhehlt, dass er zum ausgewählten Steuerprüfer nicht das größte Vertrauen hat. List wollte sich die Unterstützung des Kreissportbundes holen. Der dortige Geschäftsführer bestätigt den Kontakt. "Wir haben aber nie eine offizielle oder schriftliche Anfrage vom Verein erhalten", sagt Stephan Arnold.

So glaubt List, dass die Wahrheit nicht an das Licht kommt - und da gibt er den Medien eine Mitschuld. Der Insider plaudert aus dem Nähkästchen. Da geht es um einen Trikotkauf in Höhe von 23 000 Euro. Die Provision von zehn Prozent habe sich der alte Vorstand in die eigene private Tasche gewirtschaftet. Das freilich muss nicht strafbar sein. "Aber moralisch nicht in Ordnung", sagt List, der auch die offiziellen Einnahmen anzweifelt. Es geht um 5 500 Euro vom Glühweinverkauf auf dem Wittenberger Weihnachtsmarkt. "Die Zahl muss deutlich größer sein. Ich habe selbst dort Glühwein verkauft", sagt der Kritiker, der auch den Neuen nicht unbedingt ein glückliches Händchen bescheinigt. So habe nach seinen Angaben ein Vereinsmitglied nach seinem Tod noch Aufwandsentschädigungen erhalten. Es geht um 100 Euro im Monat.

List ist nicht der einzige, der eine lückenlose Aufklärung fordert. "Wir wollen wissen, was mit dem Geld passiert ist, wie es zu dieser Situation kommen konnte", sagt Torsten Adrio, der Chef des Fanclubs. "Mit dem Weggang des alten Vorstands, der den Verein diktatorisch führte, sind auch einige Sponsoren weg gegangen", versucht sich Wittenbergs Fußballpräsident Achim Golly an einer Erklärung. "Und mit diesen Sponsoren wurde eine neue Fußballzeitung herausgegeben", ergänzt List. Der einzige, der wirklich Aufklärung leisten kann, ist der alte und neue Präsident. "Volker Neuberg verdient ein großes Lob", sagt Wittenbergs künftiger Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos). Es sei vor allem sein Verdienst, dass im Volkspark weiter Fußball gespielt werde. "Wir unterstützen den Verein gemäß unserer Förderrichtlinie. Das ist in einer Vereinbarung geregelt, klar und transparent", so der Bürgermeister. Nach seinen Angaben trägt die Stadt 80 Prozent der Betriebskosten, weil die Sportstätte für den Schulsport stark frequentiert werde. Und selbst List, der zwar von "einem Hauch von Fifa" spricht, sagt viel Positives über den FC-Vorsitzenden. "Er ist ein netter, freundlicher und ehrlicher Mann", so das Ex-Vorstandsmitglied. Allerdings hat er ein "Aber" parat. List vermutet, dass "Geschichten gedeckelt" werden.

Allerdings stellt sich Neuberg auch kritischen Presseanfragen problemlos. "Wir sind finanziell nicht auf Rosen gebettet", sagt der 60-Jährige, der Unangenehmes gern durch die Blume verkündet. "Nach Außen sind wir schuldenfrei", erklärt er. Was bedeutet das? Vereinsinterne Verpflichtungen würden nicht erfüllt. Die Ausnahme seien die beiden Vertragsamateure. Demnach kann der Torjäger - wird mit Reppichau (Landesklasse) in Verbindung gebracht - bis 2016 überhaupt nicht wechseln. "Jeffrey Neumann hat selbst um die Auflösung seines Vertrages gebeten. Dem haben wir zugestimmt", so Neuberg, der allerdings auch für eine sportliche Bankrott-Erklärung gesorgt hat. Im Mai gab es ein "mündliches Gespräch" mit dem Nordostdeutschen Fußballverband. Dabei verzichtet Neuberg auf ein mögliches Oberligastartrecht und informiert zunächst weder Trainer noch Spieler.

"Keine dreckige Wäsche"

"Das war ein offenes Geheimnis", sagt Trainer Uwe Ferl. Es sei aber richtig, dass man mit der Teilnahme an der im nächsten Jahr attraktiven Oberliga Interesse bei potentiellen Sponsoren wecken kann. Er habe sich angeboten, bei der Suche nach Geldgebern zu helfen. "Daraus ist nicht wirklich was geworden", sagt der 56-Jährige, dem die Fragen hörbar unangenehm sind. "Ich möchte einen seriösen Abschied und werde keine dreckige Wäsche waschen", so Ferl. Und so bleibt unbeantwortet, ob mit dem Oberliga-Angebot nicht auch so mancher Spieler seinen angekündigten Abschied noch einmal überdacht hätte. Und vielleicht wäre die Trainerfrage auch schon geklärt. "Ich habe wegen sportlicher Perspektivlosigkeit abgesagt. Das hat nichts mit der Spielklasse zu tun", sagt der einstige Wunschkandidat René Wiesegart. In Piesteritz müssen erst "einmal die finanziellen Dinge" geregelt werden. Klarheit über die Situation soll Ende Juni herrschen. Dann sollen die Vereins-Mitglieder die Ergebnisse der Prüfung erfahren. Derzeit kontrolliere ein Steuerberater die Unterlagen für Dezember 2014. Danach werde ein Gremium des FC die Dokumente zuerst anschauen.

Ex-Vorstand: alles bezahlt!

Mit Enthüllungen rechnet der alte Vorstand nicht. "Wir haben alle Rechnungen bezahlt", sagt Ingo Mattheuer beim Spiel in Völpke. Bei einer Auswärtspartie wurde bisher kein einziger Vertreter des neuen Vorstands gesehen.

"Wir sind nicht auf Rosen gebettet."

Volker Neuberg

Präsident

OBERLIGA

Aufstiegschance besteht noch immer

Der FC Grün-Weiß Piesteritzkann theoretisch noch immer als Verbandsliga-Zweiter in die Fußball-Oberliga aufsteigen, weil in Berlin beim Verband keine schriftliche Verzichtserklärung aus Piesteritz vorliegt. Allerdings ist im Moment kein Platz frei. Es könnte aber - das hängt vom Ausgang der Relegation zur Regionalliga ab - noch ein Vizemeister gesucht werden. Bisher haben die Zweitplatzierten aus Berlin, Brandenburg und Sachsen zugesagt. Der nächste freie Platz gehört Thüringen, das aber verzichtet hat. So dass Sachsen-Anhalt - und damit Piesteritz - ein Startrecht noch erhalten kann. Lehnt der FC Grün-Weiß ab, könnte Ammendorf am Ziel aller Wünsche sein. Allerdings muss in diesem Fall - die Elf liegt nur auf Rang sieben - der Landesverband den Aufstieg befürworten. Lehnt der ab, steigt der Vizemeister in Mecklenburg-Vorpommern auf.


Quelle:MZ