Torhüterin in großen Fußstapfen
News Team, 16.09.2015

FRAUENFUSSBALL Die Ex-Magdeburgerin Almuth Schult folgt auf Nadine Angerer.
VON CHRISTOPH KARPE
LEIPZIG/MZ - Doris Fitschen, ihres Zeichens Teammanagerin der deutschen Fußball-Frauen, blickte gestern im schmucklos weißen Tagungsraum umher. Und mit Blick auf die junge Dame neben ihr verkündete sie dann eine durchaus wichtige Personalie: "Almuth Schult ist die neue Nummer eins im deutschen Tor", sagte sie. Was in zweierlei Hinsicht nicht überraschte.
Erstens: Die junge Frau saß rechts neben ihr bei jener Pressekonferenz. Brünette, gelockte Haare, ein fröhliches Lächeln, 24 Jahre alt - eben jene Torfrau, die fortan regelmäßig den Kasten der DFB-Frauen sauber halten soll. Erste Gelegenheit dazu bietet am Freitag das EM-Qualifikationsspiel in Halle gegen Ungarn.
Und zum Zweiten kam die Nachricht deshalb erwartbar daher, weil die Keeperin des VfL Wolfsburg seit Jahren die Nummer zwei gegeben hatte - ohne Fehl und Tadel, als Backup von Nadine Angerer, von "Nadze", der bisherigen Kapitänin und dem Gesicht der Nationalelf. Die hat gerade 36-jährig ihre Karriere beendet.
Es ist ein erdenklich schweres Erbe, das Schult da antritt. Angerer, Paradiesvogel mit Charisma, die Männer und Frauen liebt, im Sperrmüll auf Möbelsuche geht und um kein offenes Wort verlegen ist - mit dieser schillernden Person wird sie nun erst einmal verglichen, zwangsläufig.
Almuth Schult ist anders, will sie auch sein, daraus macht sie keinen Hehl. Die Unterschiede zu ihrer Vorgängerin: "Ich bin nicht so verrückt wie ,Nadze'", sagt sie und meint das charakterlich. Und sportlich? "Sie spielte forscher, versuchte immer, wenn sie im Spiel eine Idee hatte, ihren Kopf durchzusetzen, stürzte einfach den Stürmern entgegen. Ich dagegen schaue auf die Gegnerinnen, versuche ihre Aktionen zu erahnen, um dann richtig reagieren zu können." Auf die Hasardeurin folgt nun die Taktikerin.
Maßgeblichen Anteil am Aufstieg von Almuth Schult haben sie beim Magdeburger FFC. Aufgewachsen ist Schult auf einem Bauernhof in Lomitz, einem Nest im Landkreis Lüchow-Dannenberg, der wiederum an Sachsen-Anhalt grenzt. "Als ich 16 Jahre alt war, kickte ich beim Hamburger SV. Ich war die Nummer zwei im Bundesliga-Team. Auf die Nummer eins hatte ich keine Chance, auch nicht in Wolfsburg oder Potsdam. Aber ich wollte spielen und das nicht zu weit weg von zu Hause", erzählt Almuth Schult. Sie wusste von einem Regionalliga-Team in Magdeburg, und hatte dann nach einem Probetraining Interesse, als man ihr versicherte, unbedingt in die zweite Liga aufsteigen zu wollen.
Das gelang mit Almuth Schult. 2009, nach nur einer Saison. Bis 2011 blieb sie an der Elbe, wechselte dann, weil sie schon Bundesliga-Format besaß, nach Bad Neuenahr, machte 2012 ihr erstes Länderspiel, und ging 2013 zum VfL Wolfsburg, mit dem sie im Vorjahr die Champions League gewann. "Ich habe immer noch gute Kontakte nach Magdeburg, zu ehemaligen Spielerinnen und Kommilitoninnen. Wir telefonieren und schreiben uns - obwohl das nun vier Jahre her ist", erzählt Almuth Schult, die auch mit der zweiten Männermannschaft des 1. FC Magdeburg trainierte. "In Magdeburg hat es mir wirklich gefallen. Die Leute sind offen, und Stadt ist auch schön", sagt sie. "Zum Weihnachtsmarkt komme ich wieder hin."
Zunächst muss sie in Halle das Tor hüten - als Nummer eins. "Darüber kann man nicht meckern. Da geht ein Kindheitstraum in Erfüllung", sagt Almuth Schult.
Das ZDF zeigt das Spiel Deutschland - Ungarn am Freitag, 16 Uhr, live.
"In Magdeburg hat es mir wirklich gefallen, die Leute sind offen."
Almuth Schult
Nationaltorhüterin
Quelle:MZ