Weltmeister Deutschland muss um EM-Ticket zittern
News Team, 09.10.2015

Fußball-Weltmeister Deutschland muss nach enttäuschenden Vorstellung nachsitzen und um das Ticket für die EM 2016 bangen. Das vorletzte Gruppenspiel beim bisherigen Tabellendritten Irland verlor das DFB-Team mit 0:1 (0:0).
DUBLIN.
Wenn seine Mannschaft ihre Philosophie durchbringe, dann werde sie dieses Spiel gewinnen, hatte Bundestrainer Joachim Löw vor dem EM-Qualifikationsspiel in Irland gesagt. Damit wurde es jedoch nichts. Philosophisch war das Spiel der Deutschen zwar, aber eher im Sinne von bedächtig als durchdacht. Also verloren sie die Partie unerwartet mit 0:1 (0:0), weiterhin fehlt ein Punkt zur EM-Qualifikation, da Schottland gegen Polen 2:2 spielte.
Experimente gab es wenig
Für die Iren, die nun zumindest den Playoff-Platz sicher haben, war diese Partie hochwichtig, für die Deutschen war es im Prinzip schon der Auftakt zur Testspielphase, die ja vor Beginn der direkten EM-Vorbereitung mit den Spielen im November in Frankreich und gegen die Niederlande sowie England und Italien im März nicht allzu reichlich bestückt ist. Auch wenn es so offen keiner sagte, zweifelte niemand im Lager des DFB-Teams daran, dass der fehlende Punkt zur direkten Qualifikation schon irgendwo herkommen würde. Wenn auch, wenn sich zeigen sollte, nicht aus Dublin.
Experimente gab es wenige, aus Höflichkeit und wohl auch deshalb, weil Löw seine ideale Formation schon weitgehend gefunden hat. Allenfalls Matthias Ginter anstelle von Emre Can auf der rechten Verteidigerposition konnte als Test durchgehen, Marco Reus für Schweinsteiger war bei einem defensiv erwarteten Gegner wie Irland eher logisch.
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Vorerst bekleidet die Rolle des vordersten Angreifers der von Löw hoch geschätzte Mario Götze, der vom Bundestrainer am Tag vor dieser Partie mehr ernstgemeintes Lob abbekam als von Bayerns Pep Guardiola in dessen gesamter Amtszeit. Götze verbrachte zunächst die meiste Zeit damit, im Schatten der beiden Abwehrhünen John O’Shea und Richard Keogh herumzutänzeln, ins Spiel kam er dabei kaum. Das hatte er mit den Iren gemeinsam, die mehrfach minutenlang das Spiel ohne Ball üben durften, erstmals ergatterten sie ihn für ein paar Sekunden nach 1:58 Minuten. Deutsche Ballverluste gingen zunächst meist auf das Konto von Torhüter Manuel Neuer, der inzwischen fälschlicherweise glaubt, er könne genaue 40-Meter-Pässe schlagen.
Götzes mangelnde Einbindung war symptomatisch für das deutsche Spiel, das zwar viele Pässe, aber wenig Torgefahr generierte. Lediglich Jérome Boateng durfte in der 8. Minute nach einem Eckball völlig freistehend seine grauenhafte Kopfballtechnik unter Beweis stellen. Götze hingegen war nach einer halben Stunde vom ewigen Kreiseln so frustriert, dass er trotz eines Schiedsrichterpfiffs weiterspielte und James McCarthy auf diese Weise zu einem Tritt animierte, der die verletzungsbedingte Auswechslung des Deutschen zur Folge hatte. Den Platz im Schatten bekam André Schürrle.
Viel Ballbesitz, wenig Brisanz
Es war jedoch Mesut Özil, der in der 40. Minute die bis dahin beste Chance hatte, aber er schob den Ball nonchalant am Tor vorbei. Kurz darauf verletzte sich Irlands Keeper Shay Given und musste durch Darren Randolph ersetzt werden, auch er blieb gegentorfrei. Mit einem 0:0 ging es in die Pause, die Zuschauer, die jeden der spärlichen irischen Angriffe frenetisch bejubelten, waren hochzufrieden. Sie hatten Schlimmeres erwartet.
Auch ihre Befürchtungen, dass die Gäste bissiger und energischer aus der Kabine kommen würden, erfüllten sich nicht. Es ging weiter wie gehabt, mit viel Ballbesitz für die Deutschen, aber wenig Brisanz, weil in Strafraumnähe zu schlampig gespielt wurde, vor allem von Özil und Mats Hummels, der sich ein bisschen zu oft vorn einschaltete. Angesichts des nachlassenden Dru cks wurden die Iren mutiger und nach einem weiteren Ballverlust des DFB-Teams durch Reus und einem langen Pass lief der eingewechselte Shane Long Boateng und seinen Kollegen davon und traf wuchtig zum 1:0.
Der Schock saß, und als dann in der 78. Minute Thomas Müller ganz gewohnheitswidrig die beste aller Chancen neben das Tor setzte, war klar, dass es nicht der Abend der deutschen Philosophie war.
Quelle:MZ