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Kunstrasen als Klimakiller?

Presse Team, 20.08.2019

Kunstrasen als Klimakiller?

SPORTPOLITIK Die Europäische Kommission geht gegen Mikroplastik vor. Über ein Granulatverbot wird debattiert. Es drohen hohe Kosten für Sanierung oder Entsorgung.

Kunstrasen als Klimakiller?

VON MICHAEL HÜBNER

WITTENBERG/MZ Die Kommission der Europäischen Union (EU) sorgt in Piesteritz eher für Erheiterung. „Unser Platz ist schlecht“, lautet die Botschaft in Richtung Brüssel. Es geht um den Kunstrasen im Volkspark.

650 000 D-Mark wurden dafür bezahlt. Das war - zumindest im Vergleich mit der heutigen Preisentwicklung - ein Schnäppchen. Benötigt wird der Platz, der mit Flutlicht ausgestattet ist, dringend zum Training und im Winter zum Spielbetrieb. Und es müsste schon wieder ins Grün investiert werden. Experten schätzen die Kosten für Sanierung auf bis zu 300 000 Euro.

Doch daraus wird wohl so schnell nichts. Zum einen kann der Verein das Geld nicht aus der Portokasse auftreiben, zum andren geht die EU nicht nur gegen Trinkhalme und Plastiktüten vor, sondern auch gegen Kunstrasen. Für das kommende Jahr wird „ein Vorschlag“ angekündigt. Diskutiert wird ein Granulatverbot. Das würde 5 000 Plätze in Deutschland betreffen.

Wittenberg hat drei - neben Piesteritz noch in Seegrehna und Pratau, der allerdings zukunftssicher ist. „Wir haben Sand, aber Granulatplätze sind viel besser bespielbar“, sagt Uwe Preuß. Das geplante Verbot hält der Chef von Blau-Rot „für Quatsch“. Und in Wittenberg selbst sollte der Platz der Jugend einen modernen Kunstrasenplatz erhalten. Das Projekt liegt derzeit auf Eis. Aber nicht nur wegen der EU, sondern auch wegen des Kostenvoranschlags von 2,1 Millionen Euro.

Die Stadt bekennt sich aber zur Sanierung im Volkspark. „Wir suchen noch ein geeignetes Förderprogramm“, sagt dazu Doreen Raewel von der Pressestelle. Im Gespräch sind Granulat-Alternativen. Denkbar ist hier neben Sand auch Kork.

Auch die Zahnaer halten an ihren Plänen fest. Dort entsteht ein neuer Platz für 400 000 Euro. Dabei setzt der Verein auf Sand. „Granulat ist nicht mehr förderfähig, wurde uns beim Landessportbund erklärt“, so Vereinschef Tino Przygode. In der Doppel-Stadt gibt es schon beim Verbandsligisten Elster einen Kunstrasenplatz mit Flutlicht in einem Top-Zustand für 300 000 Euro. „Wir werden unseren Sportlern nicht verbieten, den Platz zu nutzen“, sagt Bürgermeister Peter Müller (Freie Wähler). Nach seiner Auffassung würde „jeder Lkw und jedes Kreuzfahrtschiff die Umwelt mehr verpesten“.

Im Übrigen fordert der Kicker - Müller ist Nationalspieler in der deutschen Auswahl der Bürgermeister - für den Fall des Falles Geld von der EU. „Wer etwas verbietet, muss auch für die finanzielle Entschädigung sorgen“, so Müller, der mit den Mitteln dann den Platz neu befüllen lassen würde.

In Kemberg wurde in die moderne Anlage 480 000 Euro investiert. Ein Verbot der Nutzung sieht der Bürgermeister als „völlig übertrieben“ an. „Damit retten wir die Welt nicht“, sagt Torsten Seelig (CDU).

Insgesamt gibt es in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Fußball-Landesverbands 96 Kunstrasen-Plätze. „Die Hälfte davon ist mit Granulat gefüllt. Problematisch sind vor allem die neuen Plätze“, sagt Geschäftsführer Christian Reinhardt.

Neben dem möglichen Granulatverbot gibt es für die Vereine vielleicht noch ein viel größeres Problem: die Entsorgung des verschlissenen Kunstrasenmaterials. Es soll sich überwiegend um Sondermüll handeln. Übrigens, laut Studie der Europäischen Chemikalienagentur geht von dem bisher eingesetzten Granulat keine unmittelbare Gesundheitsgefahr für Sportler und Zuschauer aus. Die Befürworter eines Verbots beziehen sich darauf, dass das Material biologisch nicht abbaubar ist und als Mikroplastik leicht ins Grundwasser und bis in die Weltmeere gelangen könnte. Wie groß diese Gefahr ist, darüber sind sich Experten uneinig.

Peter Müller

Bürgermeister


Quelle:MZ