Verrückte Auferstehung
News Team, 21.10.2015

CHAMPIONS LEAGUE Leverkusen geht gegen Rom früh mit zwei Toren in Führung, gerät dann deutlich in Rückstand - und rettet am Ende doch ein Unentschieden.
VON ANDREAS MORBACH
LEVERKUSEN/MZ - Nach dem Abmarsch des Südkoreaners Heung-Min Son auf die britische Insel Ende August hatten die asiatischen Fußballfreundinnen im Leverkusener Raum ein beträchtliches Sympathieloch zu füllen. Doch es gab rasche Hilfe durch die Bayer-Führung: Mit der Verpflichtung des großäugigen Angreifers Javier Hernandez waren die Herzen der Damen neu vergeben - und im Duell der Werkself mit dem AS Rom bahnte sich früh ein besonderer Glückstag für sie an: Nach 19 Minuten hatte Hernandez bereits zwei Mal getroffen, die Asiatinnen auf der Tribüne jauchzten vor Freude. Doch am Ende eines irren Hin und Her feierten alle - ein 4:4-Offensivspektakel.
Die bescheidene Torausbeute seiner Mannschaft hatte zuletzt Sorgenfalten auf die Stirn von Roger Schmidt getrieben. "Wir haben damit ein Problem", räumte Bayers Cheftrainer ein. "Aber ich bin weit davon entfernt, Glaube und Gelassenheit zu verlieren." Er wisse ja schließlich, dass seine Angreifer ihren Job grundsätzlich beherrschen. Die acht Treffer in neun Ligaspielern erscheinen dem 48-Jährigen in erster Linie wie ein schlechter Scherz. Und der Wahnsinn von gestern Abend gab ihm Recht.
Zunächst lief es nur für die Rheinländer wie geschmiert. Nach einem Handspiel von Rechtsverteidiger Vasilis Torosidis verwandelte Hernandez den fälligen Strafstoß zwar vorsichtig, aber letztlich sicher (4.). Eine Viertelstunde später durfte der kleine Mexikaner erneut jubeln: Hakan Calhanoglu, der schon den Elfmeter herausgeholt hatte, bediente den Mittelstürmer vorzüglich, der Ex-Stuttgarter Antonio Rüdiger in der römischen Innenverteidigung hob, schlecht postiert, das Abseits auf - und Hernandez traf im zweiten Versuch, nachdem er zuvor an Keeper Wojciech Szczesny gescheitert war. Die Tür ins Achtelfinale der Champions League stand für Leverkusen, das nach den ersten zwei Partien bereits zwei Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten der Serie A herausgearbeitet hatte, weit offen.
Doch dann zeigten die Italiener, warum sie in ihrer Meisterschaft aktuell auf einen Schnitt von 2,5 Treffern pro Partien kommen. Nach einer Ecke gelang Daniele De Rossi aus kurzer Entfernung der Anschlusstreffer (29.), neun Minuten später stellte Roms Kapitän die Partie nach einem Freistoß wieder auf pari - weil es nach einem Freistoß der Gäste in der Bayer-Abwehr zu schweren Abstimmungsproblemen kam.
Das Unheil nahm nach der Pause dann erst mal weiter seinen Lauf. Zunächst parierte Bernd Leno zwei Mal glänzend, bei einem zwar exzellenten, aber unberechtigten 22-Meter-Freistoß von Miralem Pjanic in der 54. Minute war Leverkusens Torwart jedoch chancenlos. Bayer fand gegen die offensivstarken Römer überhaupt nicht mehr ins Spiel, sondern kassierte durch den eingewechselten Iago Falqué sogar noch das 2:4 (73.). Die Schmidt-Elf schien mausetot, feierte aber doch noch eine glorreiche Auferstehung: Als keiner mehr damit rechnete, drehten Kevin Kampl und Admir Mehmedi den Spieß erneut um. Roms deutscher Abwehrmann Rüdiger meinte bei Sky: "Ihr drittes Tor hat uns geschockt." Und davon konnte sich Rom nicht mehr erholen. Hernandez hatte für Bayer sogar noch die Chance zum Sieg.
In London erlebte der FC Bayern München indes ein ungewohntes Gefühl: Der deutsche Rekordmeister verlor beim FC Arsenal in London mit 0:2 (0:0) und verpasste damit den 13. Sieg im 13. Pflichtspiel. Beim ersten Gegentor durch Oliver Giroud leistete sich Nationalkeeper Manuel Neuer einen großen Patzer. Den Endstand besorgte schließlich Weltmeister Mesut Özil in der Nachspielzeit.
KÖNIGSKLASSE
Allofs plädiert für frühere Anstoßzeit
Manager Klaus Allofs vom VfL Wolfsburg hat sich für veränderte, frühere Anstoßzeiten in der Fußball-Königsklasse ausgesprochen. So kämen mehr Kinder zu den Spielen, zudem würden die Fans nicht erst spät in der Nacht wieder zu Hause sein, meinte der 58-Jährige gegenüber Sport Bild. "Eine Anstoßzeit-Änderung darf kein Tabu sein. Das ist ein Thema, das diskutiert werden sollte", sagte Allofs, dessen Klub als Champions-League-Teilnehmer direkt betroffen ist. Heute erwartet der VfL Wolfsburg die PSV Eindhoven.
"Ihr drittes Tor hat uns geschockt."
Antonio Rüdiger
AS Rom
Quelle:MZ