Zuschauer beim Heimspiel
News Team, 12.11.2015

NATIONALMANNSCHAFT Kevin Trapp hütet bei Paris St. Germain das Tor. Morgen sitzt er als angehender Auswahlspieler in Frankreich auf der Bank.
VON MAIK ROSNER
MÜNCHEN/MZ - Am Morgen stand bereits das erste Heimspiel an, jedenfalls gewissermaßen. Beim ersten Training der Nationalmannschaft erlebten die Auswahlkicker des FC Bayern gestern eine Einheit in gewohnter Umgebung. "Witzig, aber auch komisch", berichtetet Thomas Müller danach, sei es gewesen, sich in einer vertrauten Kabine umzuziehen und danach die ebenfalls trainierenden Vereinskollegen auf einem Parallelplatz an der Säbener Straße zu sehen.
Wenn es nach Müller geht, soll sich die Heiterkeit morgen im Testspiel der Nationalelf bei EM-Gastgeber Frankreich fortsetzen. Genauso wie im abschließenden Test des Jahres gegen die Niederlande am Dienstag in Hannover. Dass nach deren verpasster EM-Qualifikation Holländer-Witze Konjunktur haben, kommt dem humorigen Müller dabei sehr gelegen. "Wenn nicht jetzt, wann dann", sagte Müller, "deswegen bin ich absolut dafür." Also für die Holländer-Witze.
Ob Kevin Trapp auch Deutschen-Witze über sich ergehen lassen muss bei Paris St. Germain, ist noch nicht näher erörtert worden. Als ziemlich gesichert darf wohl gelten, dass er zumindest von Späßen über deutsche Torhüter verschont wird, die ohnehin weit hinter den englischen Kollegen stehen, wenn es ums Veralbern geht. Vor allem aber bietet der 25-Jährige nach seinem Wechsel im Sommer von Eintracht Frankfurt beim französischen Hauptstadtklub auch wenig Angriffsfläche.
Einmal auf Abruf
Auf Anhieb hat er sich bei PSG als Nummer eins etabliert und als Belohnung erstmals eine Einladung von Bundestrainer Joachim Löw erhalten, nach einer Berufung auf Abruf im EM-Qualifikationsspiel in Portugal gegen Gibraltar. Offiziell wurde Trapp damals als dritter Torwart geführt, aber nicht eingeflogen, da sich Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler nicht verletzten. "Mehr oder weniger eine Formalie" sei Trapps Nominierung auf dem Papier, hatte Löw erklärt, aber "auch ein Signal, dass er bei uns im Blickfeld steht".
Nun ist aus dem Signal ein Ausrufezeichen geworden. Trapp wird morgen im Stade de France als einer der diesmal vier geladenen Torhüter neben Manuel Neuer, Bernd Leno und Zieler auf jeden Fall dabei sein, selbst wenn er nicht als einer der drei offiziellen Torhüter auftauchen sollte. Er wird, ob nun auf der Bank oder der Tribüne, eine Art Heimspiel in seiner Wahlheimat Paris erleben. Und er darf sogar hoffen, einen der drei Kaderplätze der Torhüter für die EM zu erhalten. "Wir wollen die Zeit nutzen, die Torhüter näher kennenzulernen, sehen, wie sie trainieren und wie sie sich einfügen, um dann die richtige Entscheidung treffen zu können, mit welchen drei Torhütern wir zur Europameisterschaft gehen", sagte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke gestern im Münchner Mannschaftshotel, von wo aus das Team heute weiterreist nach Paris.
Dass Trapp jetzt dabei ist, hat auch mit einer Zahn-OP bei Marc-André ter Stegen zu tun. Zudem seien die beiden Tests "jetzt eigentlich die letzte Chance" zum Kennenlernen, erörterte Köpke: "Wir haben im März nochmal zwei Länderspiele und dann ist die Nominierung." Hinzu kommt, dass Trapp bei PSG bislang sehr überzeugend aufgetreten ist, abgesehen von seinem Fehler, der in der Champions League jüngst zur 0:1-Niederlage bei Titelverteidiger Real Madrid beitrug. Ansonsten liest sich seine Zwischenbilanz wie jene der deutschen Nummer eins Neuer beim FC Bayern.
Chance gegen die Niederlande?
Beide haben in Liga und Champions League erst sieben Gegentore hinnehmen müssen. Eine neue Erfahrung für Trapp. "Mir geht es in Paris wie Manu in München. Er hat auch viele Spiele, in denen er wenig zu tun hat, in den entscheidenden Szenen aber da sein muss", sagte er jüngst dem "Kicker". Für ihn gehe es bei der Nationalelf nun darum, sich "ins Team einzufügen" und "den ersten Schritt zu machen". Sein Debüt, das stellte Köpke klar, wird Trapp aber frühestens gegen die Niederlande geben. "Es ist im Moment so geplant: Manuel spielt und danach in Hannover werden wir sehen, wie wir die Situation lösen und wer dann im Tor steht."
Selbst wenn sich das Trainerteam für Zieler in dessen Heimspiel oder für Leno entscheiden sollte, darf Trapp auch ohne einen Einsatz hoffen, bei seiner Heim-EM dabei zu sein. Die Leistungen stünden zwar im Vordergrund, sagte Köpke, aber das Sozialverhalten spiele "auch eine Rolle" für eine Turniernominierung. "Es muss einigermaßen harmonieren", sagte Köpke. Dass hinter Neuer ter Stegen und Leno, als Dauerkonkurrenten nicht gerade freundschaftlich verbunden, zusammen zur EM fahren, ist damit eher unwahrscheinlich. Trapp liegt da als eine der vielen Optionen etwas näher. Vor allem, wenn er bei seinem Klub in Paris weiterhin keinen Anlass zu Witzen über deutsche Torhüter liefert.
Die ARD zeigt das Länderspiel in Frankreich morgen um 21 Uhr.
"Mir geht es in Paris wie Manuel Neuer in München."
Kevin Trapp
Torwart bei Paris St. Germain
Quelle:MZ