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Der Sonntags-Flop

Lars Ries, 13.08.2015

Der Sonntags-Flop

FUSSBALL-VERBANDSLIGA Nur vier von 16 Vereinen befürworten den neuen Termin.

VON MICHAEL HÜBNER

PIESTERITZ/MZ - Die Vorwürfe kursieren schon seit längerem im Internet: Der Fußball-Landesverband zimmere sich seine Mehrheiten selbst - völlig unabhängig von den Ergebnissen von Umfragen. Fakten, die nicht den eigenen Vorgaben entsprechen, werden da nur als störend empfunden und einfach ignoriert. Unbestritten ist, das nur vier von 16 Vereinen der Verbandsliga für den neuen so genannten Regelspieltag am Sonntag gestimmt haben. Zur Wahrheit gehört auch, das ebenfalls ein Quartett für die Änderung votiert. Nun machten sich Rechenkünstler - und die Spur führt bis ins Präsidium - ans Werk, um die ungeliebten Veränderungen mit Zahlen zu begründen. Die Lösung der mathematischen Aufgabe ist einfach. Neu-Staffelleiter Stephan Gräfe - "Das war vor meiner Zeit." - sieht sogar deutliche Mehrheiten für den Sonntag. "Die acht Vereine, die sich nicht gemeldet haben, sind offensichtlich nicht dagegen", schlussfolgert der Wittenberger.

Aus Patt wird Mehrheit gezaubert

Und so wird aus einem 4:4-Patt ein deutlicher 12:4-Erfolg. Die Botschaft ist klar: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Die Sache hat nur einen kleinen Haken. Es gibt Clubs, und ausgerechnet die haben für die "Mehrheit" gesorgt, die glauben gar nichts mehr - vor allem nicht, dass es überhaupt jemals Umfragen gab. Davon berichtet Mario Pinkert der MZ. Der 2. Vizepräsident, von dem die Sonntagsidee stammt, kann seine Empörung kaum verbergen. "Die Mails gingen in das elektronische Postfach des DFB. Da hat nicht jeder Zugriff. Aber wenn das in den Vereinen nicht kommuniziert wird, ist das nicht unser Problem. Wir haben zwei Umfragen durchgeführt. Bei der ersten haben vier und bei der zweiten auch vier Teams geantwortet", so Pinkert. Das Ergebnis sei im Spielausschuss beraten und der Sonntag als Empfehlung an das Präsidium weitergeleitet worden. Auch hier gibt es ein Ja. Daran ändert die Kritik auf dem Staffeltag nichts mehr. Pinkert spricht von einem Experiment. "Wir probieren das jetzt ein Jahr. Und dann sehen wir weiter", so er Dessauer.

Allerdings - und das ist das erklärte Ziel der Änderung - muss die Qualität der höchsten Spielklasse des Landes tatsächlich unbedingt attraktiver werden. Und auch ein paar Zuschauer mehr sind wünschenswert. Letzteres kann mit Sonntagspielen durchaus erreicht werden, muss aber nicht. Das können aktuelle Zahlen aus Möhlau belegen. Den Supercup gegen Annaburg (2:4 n. V.) sahen an einem Samstag 123 Besucher, das Landespokalspiel gegen Amsdorf (1:2 n. V.) eine Woche später aber an einem Sonntag 107.

Referees in der Oberliga im Einsatz

Das Niveau, so Pinkert, könne sonntags durch die "bessere Qualität der Schiedsrichter" erhöht werden. Darüber ist selbst Peter Kein verwundert. Der Wittenberger Schiedsrichter-Chef sagt: "Ob einer am Samstag oder Sonntag pfeift, die Qualität ist die gleiche." Der Experte vermutet ein Missverständnis. Es gehe möglicherweise um die "Quantität der Ansetzungen".

Das Problem: Die besten Verbandsliga-Referees werden schon jetzt sonntags in der Oberliga an der Linie eingesetzt. Sie würden für Liga sechs sogar entfallen! Und so keimt ein ungeheuerlicher Verdacht auf: Wer nicht sonntags spielt, muss für die Verlegung der Partie bezahlen. Hat der Verband eine neue Geldquelle erschlossen? "Nein", sagt Pinkert, "die Verlegungen, auf die man sich beim Staffeltag geeinigt hat, sind kostenlos." Der FC Grün-Weiß Piesteritz hat das ein Tag gültige Gratisangebot reichlich genutzt. Aus dem Volkspark gibt es zuvor eine klare Antwort. "Wir haben mit Nein gestimmt", sagt FC-Geschäftsstellenleiter Raik Stepputtis.

Beim Pokal wird nicht erst gefragt

Der Verband hat aus diesem Hickhack gelernt. Bei der Änderung des Pokalmodus - offizielle Lesart: "Auf Wunsch der Vereine" - wird auf eine Umfrage verzichtet und sofort das Ergebnis verkündet. Die Verlierer sind auch hier die Vereine der Verbandsliga. Sie werden jetzt in der Runde eins gesetzt. Das heißt im Klartext, sie dürfen nicht mehr auf ein Traumlos hoffen und müssen definitiv auswärts spielen. Das verursacht Kosten. Und in der zweiten Runde wandern die Teams dann in den Topf der Kleinen. Da auch noch regional gelost wird, sind Duelle gegen immer wieder die gleichen Ligakonkurrenten wahrscheinlich. So wird gähnende Langeweile produziert. Übrigens, auch im Pokal gibt es die Option der Sonntagsspiele. Genutzt wird das kaum. Die Gründe dafür sind im Internet nachzulesen. Ein Fußball-Portal hat eine Umfrage gestartet zum sonntäglichen Verbandsligaspaß. 921 Anhänger haben sich daran beteiligt. Davon befürworten nur 253 den neuen Regelspieltag. Bei den Gründen zur Ablehnung wird auf die Familie oder auf die wegfallende Partynacht am Samstagabend verwiesen.

Und selbst für Fußball-Funktionäre ist der Sonntag heilig "Ich möchte Sie erneut bitten", schreibt Philipp Kötitz per Mail, "die Anrufversuche am Sonntag auf meinem privaten Festnetztelefon zu unterlassen." Der Mann aus dem Landratsamt ist in Wittenberg der Chef des Spielausschusses.


Quelle:MZ