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"Nur Mitläufer gekauft"

News Team, 01.09.2015

"Nur Mitläufer gekauft"

FUSSBALL HFC-Vizepräsident Jörg Sitte schätzt die Einkaufspolitik seines Klubs selbstkritisch ein. Manager Ralph Kühne steht aber dazu.

VON KARL EBERT

HALLE/MZ - Ein Lebenszeichen aus Chemnitz: "Köhler, hallo!", schallte es gestern Mittag am anderen Ende der Leitung. Es war tatsächlich der am Vortag beim Fußball-Drittligisten Hallescher FC entlassene Cheftrainer Sven Köhler. 24 Stunden nach seiner Demission klang er ruhig, aber bestimmt. "Habt bitte Verständnis dafür. Ich möchte mich heute noch nicht dazu äußern. Wenn ein paar Tage ins Land gegangen sind, können wir gern miteinander reden", sagte er, verabschiedete sich höflich wie immer und legte auf.

Die Enttäuschung über seine Entlassung saß verständlicherweise noch tief. Und ehe er etwas sagt, das er später vielleicht bereut, nimmt er sich lieber noch ein paar Tage zurück. Köhler ist jetzt zwar seinen Job los, fällt finanziell aber in kein Loch. Er ist von seinen Aufgaben lediglich freigestellt worden, wird also wie es sein Vertrag besagt, noch bis Juni 2016 vom HFC bezahlt.

Köhler musste für die sportliche Misere von fünf Niederlagen in sechs Drittligaspielen und das Aus im DFB-Pokal büßen. Mindestens genauso viel Verantwortung für die verfehlte Personalpolitik beim Vorletzten der dritten Liga trägt Manager Ralph Kühne. In zahlreichen Umfragen und den Foren sozialer Medien wird deshalb auch seine Entlassung gefordert. Er hat die Kandidaten gemeinsam mit Köhler sondiert und dann verpflichtet.

Weil in vielen Fällen die erste Wahl nicht zu bezahlen war, wurde auf die Nummer zwei oder drei zurückgegriffen. Und zwar so oft, dass selbst Vizepräsident Jörg Sitte nach der jüngsten 1:3-Niederlage gegen Preußen Münster zu dem Schluss kam: "Wir haben nur Mitläufer gekauft." Dagegen verwahrt sich aber Präsident Michael Schädlich. "Wir haben in der Sommerpause bewusst einige Spieler verpflichtet, um das Limit von unter 23-Jährigen zu erfüllen. Die waren nicht als Stammspieler vorgesehen", so Schädlich.

Mehr als 20 Bewerber

Egal wie, Köhler musste gehen, Kühne ist noch da. Und er will sich der Kritik stellen. "Ich bin genauso in der Verantwortung wie der Trainer. Aber ich behaupte auch, dass wir mit dem vorhandenen Potenzial an Spielern schon ganz andere Situationen gemeistert haben", sagt Kühne. "Die Qualität des Kaders stellt übrigens auch Sven Köhler nicht in Abrede. Die guten Spiele gegen Eintracht Braunschweig und bei Dynamo Dresden waren doch Beispiele für Niveau. Aber wir haben diese Qualität nicht mehr konstant abrufen können."

Der Manager genießt bei seinen Präsidiumskollegen weiterhin so viel Vertrauen, dass er auch den Nachfolger von Köhler suchen darf. "Wir stehen in ganz engem Kontakt. Er macht das nicht allein", sagt Schädlich. Nach unzähligen Telefonaten an den ersten beiden Tagen dieser Woche soll es ab morgen erste Gespräche mit Kandidaten geben. "Meine erste Wahrnehmung ist, dass wir als Verein gar nicht so uninteressant sind", sagt Kühne, der mehrere Dutzend Bewerbungen auf dem Tisch hat. Das Anforderungsprofil umreißt er nur grob. "Es muss kein Trainer sein, der bis gestern in der dritten Liga gearbeitet hat. Er muss sie im Blick haben, ja, kann aber auch in der zweiten Bundesliga gewesen sein. Selbst ambitionierte Regionalliga-Trainer kommen in Frage."

Der Trainersuche gehört jetzt der absolute Vorrang. Die eigentlich geplante Verpflichtung eines weiteren Stürmers bis zum gestrigen Transferschluss wurde deshalb auf Eis gelegt. Verständlich, schließlich stehen bald zwei Cheftrainer auf der Gehaltsliste des Vereins. Auch wenn Kühne versichern will, dass da kein Zusammenhang besteht. "Wir können doch jetzt keine Personalentscheidung ohne neuen Cheftrainer treffen, der vielleicht eine andere Sicht auf die Dinge hat", sagt der Manager.

Scout Schädlich bleibt

Von der Verpflichtung des Cheftrainers hängen auch die Schicksale der Co-Trainer Benjamin Duray und Dieter Strozniak ab, die zunächst für das Training der Profis verantwortlich sind. Chefscout Gerd Schädlich ist unumstritten. "Ich glaube, dass jeder Trainer froh ist, solch einen Fachmann als Scout zu haben", sagt Michael Schädlich.

"Ich bin genauso in der Verantwortung wie der Trainer."

Ralph Kühne

HFC-Manager


Quelle:MZ